Ganz genau traue ich mich noch gar nicht zu gucken, wie viele Kilometer ich nun in dieser einen Woche Tour meinem nicht mehr ganz so taufrischen Auto aufgebürdet habe. Wahrscheinlich irgendetwas zwischen eineinhalb und zweitausend Kilometern, die es mich sicher und ohne (hörbare) Klagen durch den Norden wieder nachhause befördert hat.
Zurück in Berlin, ist es grau und sehr herbstlich. Überhaupt hat es fast die ganze Woche, die ich unterwegs war, still bis wütend vor sich hin geregnet. Eigentlich ein bisschen deprimierend, aber umso glücklicher war ich, an so vielen unterschiedlichen Orten auf so vielen Bühnen für eine gewisse Zeit mein Herz ausgekippt und meine Stimme und deutlich ein paar neue Membranen und Herzchen zum Schwingen gebracht zu haben. Ich habe viele schöne, überraschende, starke und herzliche Momente erlebt und eine Vielzahl neuer Hände geschüttelt und gar-nicht-einmal-so-oberflächliche Gespräche mit vertrauten und neuen Menschen geführt und mich nie einsam gefühlt, obwohl ich allein unterwegs war.
Ich bin weit davon entfernt, ein Autonarr zu sein. Ich fahre am liebsten Rad, am zweitliebsten Bahn und laufe gern. Und so viele Kilometer bedeuten für mich per se eher Aufregung und Anspannung – immer aufpassen, immer auf der Hut, dass das Auto nicht plötzlich liegenbleibt. Und getreu meinem neuen Kleinod „Heads up!“ möchte ich nicht behaupten, dass Touren lediglich glanzvolles Schweben von einer Bühne zur nächsten, mit konsequentem Beifall und Spaß, bedeutet. Man ist nie richtig lange an einem Ort oder hat Zeit, sich die Städte anzusehen. Man fährt mal eben sieben Stunden über eine Baustelle zur nächsten und kommt vielleicht an einem Ort an, an dem man als kleiner Künstler nicht das warme Willkommen erhält, das man sich wünscht. Oder sieht sich mit Technik konfrontiert, die keiner bedienen kann und hinten und vorne nicht ausreicht. Oder bekommt kurzfristige Absagen für Konzerte, wenn dem Veranstalter auffällt, dass das Konzert eigentlich gar nicht machbar ist. Oder man bucht unwissentlich eine AirBnB-Unterkunft, die sich in unterirdischem, dreckigen Zustand befindet, und liest dann zum Dank im Review: „Er hat ins Zimmer uriniert. Der Gast wäre besser in einem Stall aufgehoben.“ 🌧
Glücklicherweise habe ich so viele schöne Erlebnisse geteilt, so viele schöne Stunden mit meiner und der Musik anderer Künstler verbracht, so unendlich viel Energie zurückbekommen und bei keinem einzigen Konzert das Gefühl gehabt, nicht alles zu geben und nicht meine Zuhörer zu berühren. Das ist ein Geschenk, für das ich sehr dankbar bin, und von dem ich vor nicht allzu langer Zeit nicht geträumt hätte. Ich habe viele spannende (und manch eigenartige) Menschen getroffen, neue Ansichten erfahren, frische Erfahrungen gesammelt und mit Freunden warme Stunden verbracht. Zurück in meiner Hauptstadt und bei meiner Familie, genoss ich jetzt ein paar Tage Auszeit und kann es kaum erwarten, mich in neue Projekte und die Aufnahmen zu meinem neuen Album zu stürzen und weiterzumachen.
Danke, takk und thank you.
Treu ergebens
e.no